News: Jutta Mebtouche ist "die Mutter vieler Buwe"   

„Sie sind doch alle moi Buwe“Sie hat nie selbst gekickt, war keine Spielerfrau. Aber Fußballmama. Sohn Marcel spielt schon lange nicht mehr. Doch ohne sie wären die Verbandsliga-Fußballer der TSG 1862/09 Weinheim aufgeschmissen. 

Originaltext aus den Weinheimer Nachrichten vom 09.08.2025
von Anja Treiber

Weinheim. Es ist 6.30 Uhr. Das Sepp-Herberger-Stadion und ein Großteil der Weststadt schläft noch, als der rote Corsa vorm Stadiontor steht und Jutta Mebtouche mit dem Schlüsselbund klimpert. Am Abend zuvor war sie eine der letzten, die das Stadion verlassen haben, verkaufte mit ihrer Freundin Gerda beim Vorbereitungsspiel der TSG 1862/09 Weinheim im Kiosk am Kunstrasenplatz Würstchen und Getränke.

„Da bin ich fremdgegangen“, lacht die Frau, die wie Gerda Arndt seit Jahrzehnten das Gesicht des Stadions prägt und nicht umsonst ein Vorzeigebeispiel unserer Vereinshelfer-Serie „Herzblut“ ist. „Mein Reich ist aber der Tresen im Pavillon. Da fühle ich mich wohler“, sagt sie. Gerda Arndt, deren eigentliche Wirkungsstätte der Kiosk ist, knufft sie mit einem „Hey!“ in die Seite.

Und jetzt am frühen Morgen steht Jutta Mebtouche schon wieder da. „Die Trikots waschen sich nicht von allein. Und die Kabinen müssen auch geputzt werden.“ Mebtouche ist die gute Seele der Verbandsliga-Fußballer. Mit Namen kennt sie ihre Jungs nicht alle. Es waren zu viele, die in den vergangenen Jahren kamen und gingen. Am besten erinnert sie sich an die Mitspieler ihres Sohnes und „Legenden“ wie Jonas Meier-Küster, Marcel Schwöbel und Co., die Ur-Weinheimer eben.

Jutta Mebtouche kennt dafür jeder. Markus Schmid beispielsweise, aktuell Trainer des vorabendlichen Testspielgegners ASV Eppelheim. „Er hat auch mal bei uns gespielt. Aber erst als er mich gefragt hat, ob ich ihn noch kenne, kam er mir bekannt vor.“ Wer soll sie auch kennen, die vielen Gesichter aller Spieler aus den letzten zwölf Jahren. So lange prägt Jutta Mebtouche schon das Geschehen im Herberger-Stadion. Und doch: „Wenn einer geht, dann tut mir das weh. Das sind doch alles moi Buwe.“

Mit dem Sohn fing alles an

Beim Finden der Namen hilft ihr der Sohn. „Wenn ich ihm beschreibe, wie derjenige ausgesehen hat, kann er mir meist sagen, wer das war.“ Mit ihrem Sprössling Marcel hat auch alles angefangen. Der hat seine Karriere 2018 in Leutershausen zwar längst beendet und ist beruflich bedingt nur noch selten als Zuschauer im Stadion, seine fußballerische Heimat hatte er aber in Weinheim. „Im Alter von sechs Jahren fing er an und hat von der Jugend bis zur Landesliga alles durchlaufen“, sagt Jutta Mebtouche, die zu Zeiten des FV 09 Weinheim auch das Geschäftszimmer führte.

Damals nahm sie sie Trikots der Mannschaft ihres Sohnes zum Waschen immer mit nach Hause. Schließlich waren es nur ein paar Meter in die Stettiner Straße. „Mein Sohn und der andere Keeper haben immer am längsten gebraucht, bis sie in der Kabine fertig waren. Und da waren alle anderen Mütter außer mir und Margot Rutz schon weg“, lacht Mebtouche.

Als der Keeper zu einer seiner weiteren Stationen nach Lützelsachsen wechselte, führte sie dort auch mal die Gaststätte. „Dann hat mich Klaus Flößer gefragt, ob ich nicht Grillen wollte im Stadion. Und so fing hier alles an.“ Das Grillen hat zwischenzeitlich ihre Cousine Iris übernommen, die Pommes macht eine Nachbarin. Mit 63 ging Jutta Mebtouche in Rente, mit 64 startete sie ihre Stadionkarriere. Auf dem Sportplatz steht sie schon seit 40 Jahren. Wobei stehen sieht man sie eher selten.

40 Jahre auf dem Sportplatz

„Wer rastet, der rostet“, ist ihr Motto. „Ich brauche die Hektik und den Stress. So lange es Arbeit für mich gibt, komme ich der auch gern nach. Die jungen Leute halten mich fit.“ Die 76-Jährige bewirtschaftet einmal im Monat den Stammtisch und an den Spieltagen der „Ersten“ den Stadionpavillon „Ben Harder-Treff“. Sie betreut die Schiedsrichter, wäscht, putzt, kocht. Beim Trainingswochenende des Verbandsligateams zu Beginn der Vorbereitung auf die am 16. August mit dem Spiel beim TSV Reichenbach startende Runde grillte sie abends, tischte der Mannschaft mittags Spaghetti auf.

Geholfen hat es bislang noch nichts. Zumindest nicht in Sachen Testspiel- und Pokalergebnisse. Aber Tore, Paraden, Resultate sind Jutta Mebtouche auch nicht wichtig. Ein Fußballspiel sieht sie eh so gut wie nie. Wichtig ist der Frau, die täglich von 6.30 bis 9 Uhr die Stadiongebäude auf Vordermann bringt, dass es in der Mannschaft stimmt. „Und das scheint auch bei der jetzigen Truppe wieder der Fall zu sein. Der Trainer ist nett, hat liebe Worte gefunden, die Jungs sind lieb, höflich und zuvorkommend. Es hat von Anfang an gepasst, so, als würden wir uns alle schon lange kennen.“ Besonders beeindruckte sie, als ein Spieler zu ihr kam und ihr die Wäsche zusammenlegte. Die inneren Werte zählen mehr als die Performance auf dem Platz.

Ein Spiel verpasst hat die frühere kaufmännische Angestellte bislang nur ein einziges einmal. „Da hat mein Sohn geheiratet“, lacht sie ob des mehr als validen Grunds für ihr Fehlen. Ansonsten richtet sich Mebtouches Kalender nach dem Fußball. Seit 2013 hat sie keinen Urlaub mehr gemacht, ihre Energie zieht sie aus dem „Gebrauchtwerden“ auf dem Sportplatz. „Ich kann nicht aufhören. Ich hab zwar noch einen Garten hier bei den Kleingärtnern ums Eck. Aber das ist einfach nicht dasselbe. Ich bin zu gern unter jungen Menschen.“

Ob die in der Grundelbachstraße geborene waschechte Weinheimerin dann auch mal den einen oder anderen Tipp für die „Noigeplackte“ unter den Weinheimer Zugängen hat? „Den Fremdenführer mache ich nicht auch noch“, lacht sie. Aber natürlich ist die Kerwe vom 8. bis 11. August ein Muss für jeden, der in Weinheim ankommen will.

Kerwe ist Verbotszone

Ankommen musste Jutta Mebtouche nie. Sie war schon immer da. Und die Kerwe ist für sie längst selbst auferlegte Verbotszone. „Da gehe ich nicht mehr hin, weil ich von einem Arm in den anderen laufen würde“, lacht sie. Mebtouches Revier ist und bleibt das Stadion, wo sie dem ersten Heimspiel der TSG 1862/09 Weinheim in der Verbandsliga am 22. August entgegenfiebert. Das ist ausnahmsweise ein Freitagabend um 18.15 Uhr. Auf dem Rasenplatz soll es gegen den FC Astoria Walldorf II gehen. Hoffentlich auf dem Rasen, denn ein Ausweichen auf dem Kunstrasen sieht Jutta Mebtouche nicht gern. „Bei mir am Pavillon können alle sitzen und sehen das Spiel trotzdem gut. Vor allem die Älteren sind hier Stammgäste.“

Ihr Jahr ist schon wieder voll auf den Fußball ausgerichtet. Eine kleine Lücke lässt ihr Kalender aber doch: Anfang September will sie nach zwölfjähriger Urlaubsabstinenz in die Lüneburger Heide. Von Montag bis Donnerstag, da ist im Stadion spielfrei. Mal sehen, ob sie es schafft.

 

Liebe Jutta vielen Dank für deine tolle Arbeit!

 

Team Öffentlichkeitsarbeit TSG 1862/09 Weinheim

 

 

 


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